Die Blüte der chinesischen Landschaftsmalerei entstand während einer Zeit grosser politischer Umwälzungen und Instabilität, bis hin zur Fremdherrschaft der Mongolen. In dieser Zeit wurde es unter gebildeten chinesischen Hofbeamten schick, sich aufs Land zurückzuziehen und der weltabgewandten Einkehr und Poesie zu frönen. Mit Freunden den Herbstmond zu betrachten, erschien zum Beispiel als erstrebenswerter und vollkommener Gegensatz zu den Turbulenzen und Intrigen bei Hof.
Mich hat besonders die spezielle Räumlichkeit der chinesischen Tuschmalerei fasziniert. Es gibt anstelle einer Zentralperspektive eine wechselnde, fliessend unklare Beziehung zwischen dem Standpunkt des Betrachters und der gezeigten Ansicht. Mehrere, einander teils ausschliessende Standpunkte, können im selben Bild nebeneinander stehen.
Die Kompositionen sind oft von von Diagonalen geprägt. Am ehesten sind im Westen solche Kompositionen von den Farbholzschnitten des Japaners Hokusai bekannt.
Ferne und Nähe wird mit dem Gegensatzpaar angeschnitten/vollständig sowie angedeutet/ausgeführt dargestellt.
Motive wie Menschen, Boote, Häusergruppen, Bäume, Felsen, Wege und dergleichen haben eine stark symbolische gefärbte Bedeutung. Das Gegensatzpaar Wasser/Felsen und damit weich/hart und fliessend/beständig mit all seine philosophischen Assoziationen mag hier als Beispiel dienen.
So verweist die sturmgebeugte Pinie auf Stärke und Widerstandskraft in schwierigen Zeiten und so weiter...
Ähnlich symbolisch kodiert war in der westlichen Kunst die barocke Stillebenmalerei.
Die Natur ist in chinesischen Landschaftsbildern meist gross, und es ist immer eine erhabene Natur. Zugleich ist es immer eine belebte Natur, in der der Mensch als Gestalter der (Kultur-)Landschaft oder als Figur in der Landschaft präsent ist, wenn auch oft ganz klein.
Vergleichbar wurde diese Beziehung in der deutschen Romantik bei Carl David Friedrich dargestellt.
Während dort das Motiv meist in aller Genauigkeit ausgeführt und damit wie ein Moment "eingefroren" ist, scheinen chinesische Tuschmalereien gleichsam zu "atmen". Dies wird mit der bereits erwähnten Behandlung des Raums und dem allgegenwärtigen Dunst, Nebeln, Regen, Wolken oder ähnlichen (Wetter-)Phänomenen erreicht.
Es hat mich fasziniert, diese einzelnen Faktoren zu untersuchen und ich habe mit ihnen bildnerisch "gespielt".
Entstanden ist eine eigene, maltechnisch freie Umsetzung der Gegensatzpaare Malerei/Zeichnung, flächig/linear, angedeutet/ausgeführt, leer/gefüllt, angeschnitten/vollständig, fern/nah, Fels/Wasser, Mensch/Natur, symbolisch/zufällig und weiteren.