Zauberwelt Ruinaulta

Seit langem hatte ich mir gewünscht, die Rheinschlucht zeichnend zu erkunden. Zwischen Ilanz und Reichenau haben der dort noch jugendliche Vorderrhein und die Erosion eine etwa 12 Km lange und etwa 400 m tiefe Schlucht gegraben.

Mich faszinierten die schroffen Felsabbrüche mit ihren wilden Diagonalen und Dreiecken im Gegensatz zu den mäandernden Schleifen im lieblichen Türkis des Flusses. Das winzige Menschenwerk der Rhätischen Bahn vor der majestätischen Höhe der Felswände. Die unklaren Perspektiven und Standpunkte.

Mit SMS ergab sich Ende Juni die wundervolle Gelegenheit, es eine Woche lang in Gesellschaft von Gleichgesinnten zu geniessen.

Jeden Morgen konnten wir es kaum erwarten, vom Hotel in die Schlucht hinunter zu gelangen. Wir lernten Gabrielas versteckte Lieblingsplätze und spektakuläre Aussichtspunkte kennen. Eine Zauberwelt aus Fels und Wasser, mit ehrwürdigen Bäumen, vergessenen Schmetterlingen und seltenen Orchideen. Dem roten Waldvögelein. Metaphorischen Steinen. Verzauberten Gestalten im Schwemmholz.

Jeden Nachmittag konnte ich es kaum erwarten, wieder hinauf ins Weite zu kommen.

Das wars, was die Schlucht diesmal für mich bereit hielt: es war gleichzeitig genau und überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Der Rhein kann riesig und ockerfarben sein vor überwätigend steingrauen Wänden ohne die karibikfarbenen Filter der Werbefotografen. Kanufahrer werden in Massen vorbeigetragen. Für wenige Minuten ist man in der Wildnis plötzlich unter vielen Städtern. Orchideen trocknen im gemähten Heu. Regentropfen malen ein Aquarell mit.

Jedes Blatt im Skizzenbuch wird gegen Widerstand erkämpft, und doch gibt es nichts Schöneres, als angesichts der Felsen und des Flusses eine Weile zu bleiben und still zu sitzen!